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PILOTSTUDIE KALTWASSERKÜHLUNG am Olympiastützpunkt Freiburg

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Kaltwasserkühlung der unteren Extremitäten ist eine Form der Regeneration nach sportlicher Belastung. Zunehmend wird diese Methode von Spitzensportlern genutzt, um Schmerzen in der Muskulatur zu minimieren und die Erholung nach dem Training zu beschleunigen. Eine beschleunigte Kurzzeiterholung (Stunden bis Tage) kann die Wettkampfleistung verbessern, höhere Trainingsbelastungen ermöglichen oder den Effekt einer gegebenen Trainingsbelastung verstärken. In diesem Zusammenhang wird kaltes Wasser der Bezeichnung gerecht, sobald es Temperaturen von unter 15 Grad Celsius hat.

Vor diesem Hintergrund wurde am Olympiastützpunkt Freiburg-Schwarzwald eine Pilotstudie konzipiert und durchgeführt, die eine Annäherung an den richtigen Kühlungsprozess darstellen und die Frage beantworten soll, ob es einen Unterschied zwischen der Kaltwasserkühlung durch „Icebein“ und der „aktiven“ Regeneration gibt. Untersucht wurden die abhängigen Variablen subjektive Muskelschmerzen, die Regeneration und die sportliche Leistungsfähigkeit. Die nach Ein- und Ausschlusskriterien randomisiert in zwei Gruppen zugeteilten Teilnehmer sind sportlich aktive Männer im Alter von 19 – 26 Jahren ohne geistige oder gesundheitliche Einschränkungen. Die beiden Interventionsgruppen sind in einem Cross-Over Design einer „Icebein“ und einer “Aktiven“–Regenerationsgruppe zugeteilt, sodass jeder Teilnehmer jede Bedingung durchlaufen und somit auch beide Regenerationsarten miteinander vergleichen konnte.

Bedeutung Regeneration

Sportliche Aktivität ist geprägt von Faktoren der Belastungsart, -dauer und -intensität. Abhängig vom Umfang dieser Faktoren und der damit verbundenen Erholungszeit entstehen Schädigungen an der Muskulatur, Entzündungs- und Ermüdungserscheinungen im Nervensystem, ebenso kommt es zum Energiesubstratabbau. Gerade im Leistungssport erfolgen durch enge Trainings- und Wettkampfzyklen vermehrt physische Belastungen, die sich negativ auf die Muskelfunktion und -empfinden und folglich auch übergreifend auf die Performance auswirken. Daher ist eine schnelle Regeneration umso bedeutsamer geworden. Nach der Metaanalyse von Bleakley et al. 2012 ist die Kaltwasserkühlung die meist angewandte Regenerationsmethode nach sportlicher Aktivität, um die „Delayed Onset Muscle Soreness“ (DOMS) hinauszuzögern. Die DOMS sind mikroskopisch kleine Risse im Muskelgewebe, die als trainingsinduzierte Muskelschäden bezeichnet werden und zu einem verzögert auftretenden Muskelkater führen können. DOMS erreichen ihren Höhepunkt üblicherweise zwischen 24 und 48 Stunden – teilweise auch bis zu 72 Stunden – nach dem Training und sind gekennzeichnet durch Muskelverkürzung, erhöhte passive Steifigkeit, Schwellung, Abnahme von Kraft und Leistungund veränderte Propriozeption.

Wirkungsweise Kaltwasserkühlung

Der physiologische Hintergrund der Kaltwasserkühlung basiert auf der Abfuhr von Körperwärme durch die Verringerung der Gewebstemperatur. Diese zeigt sich in einer verringerten Muskelschmerzwahrnehmung, sodass sich der Körper nach dem Training „wacher“ anfühlt und ein geringeres Ermüdungsgefühl verursacht. Darüber hinaus senkt der Körper aufgrund der Kälte die Herzfrequenz und das Herzzeitvolumen und induziert eine Vasokonstriktion. Mögliche Resultate sind kleinere Gefäßdurchmesser, ein reduziertes Auftreten von Ödemen und eine verbesserte Sauerstoffversorgung der Zellen. Um die Kerntemperatur des Körpers aufrechtzuerhalten steigt zusätzlich der zentrale Stoffwechsel an, was den Transport von Abfallprodukten begünstigt. All diese Effekte könnten in Komposition die durch körperliche Betätigung verursachten Entzündungen verringern, indem sie den Tod oder die Schädigung hypoxischer Zellen mindern und durch Verringerung der Infiltration von Leukozyten und Monozyten die Schädigung des Sekundärgewebes minimieren.

Die ersten Kontaktminuten mit dem kalten Wasser verursachen eine Hautkühlung und anschließend eine neuromuskuläre Abkühlung. Nach 20 Minuten mit Kaltwasserkontakt spricht man von einer Langzeitimmersion und der tiefen Gewebskühlung. Die Kühlung des tiefen Gewebes ist allerdings kontraproduktiv für sportliche Aktivität, da sie zu einer Nervenblockade und somit zu Dysfunktion der Muskulatur und peripherer Lähmung beiträgt. Dies bedeutet, dass extreme von unter 10 Grad Wassertemperaturen zu Kontraindikationen beitragen und die Regeneration und daher auch im Umkehrschluss die Performance schmälern können.

Empirische Untersuchung

Einige Studien konnten bereits beweisen, dass unter der Voraussetzung der richtigen Durchführung der Kaltwasserkühlung, das Eintauchen in kaltes Wasser eine Möglichkeit ist, schneller zu regenerieren. Dabei konnte bereits beobachtet werden, dass es erst nach zehn Minuten in kaltem Wasser, zu einer Veränderung im Blut kommt. Deshalb wurden auch bei der Pilotstudie in Freiburg zahlreiche Faktoren wie Dauer der Kühlung (mindestens zehn Minuten), Wassertemperatur, Art und Intensität des Trainings sowie der Zeitpunkt zwischen Trainings- und Erholungssitzungen berücksichtigt und wissenschaftlich untersucht, und zwar durch objektive Kriterien und subjektive Fragebögen. Vor dem Hintergrund, dass es kein allgemeingültiges Konzept für eine optimale Regeneration gibt, wurde hinsichtlich Dauer, Temperatur und Abstand zwischen der Belastung und Regeneration ein Setting erstellt, das auf Basis des bisherigen Forschungsstandes den größtmöglichen Erfolg verspricht. Die Konzeption sah vor, dass gleich nach einem Radsprintprotokoll die „Icebein“ oder alternativ die „Aktive“-Regeneration durchgeführt wurde. Nach dem bisherigen Forschungsstand sollte sie möglichst zeitnah (0-3 Stunden) nach der Belastung erfolgen, um eine Auswirkung auf die physiologischen Prozesse zu erzielen.

Die Teilnehmer der Icebein-Gruppe setzten sich bei einer Temperatur von 10 Grad Celsius für 15 Minuten in die Eishose. Da der Körper nach Anstrengung mehr Wärme produziert und ausstößt, musste die Temperatur nach einem Probedurchlauf um zwei Grad Celsius nach unten reguliert werden (8 Grad Celsius), um während der gesamten 15 Minuten eine konstante Kühlung bei zehn Grad Celsius zu ermöglichen. Die „Aktive“ Regeneration fand in Anlehnung an das Protokoll von Lane und Wenger (2004) statt. Hier wurde anhand des Körpergewichts der zu überwindende Widerstand (in Watt) ermittelt, bei dem dann zwischen 65 und 85 Umdrehungen pro Minute geradelt werden musste. Die Teilnehmer konnten ihre Leistung auf dem Fahrrad stets über einen Monitor verfolgen und korrigieren.

Abbildung 1: Versuchsdesign

Alle Teilnehmer mussten nach einem standardisierten Aufwärmprogramm identische Radprogramme absolvieren und dieses nach 24 Stunden wiederholen. Auch die Rahmenbedingungen für die Erholungsphasen Icebein (Kleidung, Dauer, Wassertemperatur) und aktive Regeneration (Dauer, Widerstand) waren vorgegeben. Nach einer einwöchige „Auswaschphase“ (zur Vermeidung von Überhangeffekten) wurde das Radprogramm wiederholt, jedoch die Regenerationsart gewechselt. Mithilfe begleitender Fragebögen wurden diverse Daten rund um den Muskelzustand, das Körpergefühl und den Schlaf erhoben.

Fazit

In dieser Pilotstudie wurde die Auswirkung von „Icebein“ und „Aktiver“-Regeneration auf die Schmerzen in der Muskulatur, die subjektive Regeneration und die Gesamtarbeit (in Kj) nach einem hochintensiven Radsprintprotokoll untersucht. Dabei konnte ein signifikanter Anstieg der Schmerzen in der Muskulatur beobachtet werden, und dies bereits eine Stunde nach dem Radsprintprotokoll.

Die Kaltwasser-Intervention durch die „Icebein“-Anwendung stimuliert die Kälterezeptoren und verursacht eine Vasokonstriktion der peripheren Blutgefäße, wodurch das Blut in den wärmeren Kern umgeleitet wird. Es wird angenommen, dass die Muskeldurchblutung und der Muskelstoffwechsel reduziert werden, was dazu beiträgt, Entzündungsreaktionen wie zum Beispiel Ödeme oder lysosomale Aktivität zu reduzieren. Der Peak der Muskelschmerzen ist bereits eine Stunde nach dem Radsprintprotokoll erreicht und sinkt über die folgenden 24, 48 und 72 Stunden kontinuierlich ab. Hingegen zeigte die „Aktive“-Regeneration das typische Bild des verzögerten Muskelkaters. Der Peak der Muskelschmerzen wird erst 24 Stunden nach dem Radsprintprotokoll erreicht und hält sich bis zu 48 Stunden danach auf ähnlichem Niveau. Die „Icebein“-Intervention erleichterte folglich den Erholungsprozess.

Alle Probanden zogen die Kryotherapie mit icebein der normalen, aktiven Erholung vor. Ebenso konnte gezeigt werden, dass die Kälteverteilung auf der Hose überall gleichmässig verteilt und genau auf der Höhe der angezeigten Temperatur lag.    

Aufgrund der geringen Stichprobengröße und der methodischen Limitation kann dieser Datensatz jedoch keine kausalen beziehungsweise endgültigen Aussagen über den Unterschied der beiden Regenerationsarten liefern. Diese Studie dient vielmehr der Erkenntnisgewinnung und Effektstärken-Ermittlung, um die Grundlage für ein weiterführendes Forschungsprojekt zu liefern.

Raphaela Lamprecht

Anmerkung die Pilotstudie inklusive Literaturnachweis Quellennachweis liegt der triaguide Redaktion vor

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