Über Jahre war Strava so etwas wie der ungekürte König der sozialen Medien für Sportler. Wem auf Twitter zu viel gehashtagged wurde, auf Facebook politische Diskussionen zu viel wurden und wer mangels einer Influenzer-Impfung Instagram auch nicht so toll fand, der fand sich selbst oft in Strava wieder.
Hier ging es um Sport und um den digitalen Vergleich miteinander. Strava bekam die Daten von der Plattform deiner Trainingsuhr und machte daraus einige coole Dinge. Strava-Segmente und so genannte KOMS (King of Mountains), bei den Damen gendergerecht QOM (Queen of Mountains) motivierten die Community von schnell bis langsam, sich miteinander zu messen. Sie halfen auch dabei, die eigene Leistung einzuschätzen und dazu zu animieren, besser zu werden.
All diese Daten, die Strava von uns geliehen bekommen hat, haben Strava zu dem gemacht, was es heute ist, das mit Abstanz größte Athleten-Netzwerk. Gerade in Zeiten von Covid-19 erreichte Strava einen weiteren Boost. Virtuelle Rennen wurden über Strava ausgetragen und für die gebeutelte Veranstalterbranche war das zumindest eine Möglichkeit, ihre Fans bei Laune zu halten.
Strava will Geld verdienen, legitim, aber in dieser Form falsch
Strava konnte man in der Vergangenheit auf zwei verschiedene Arten nützen – als kostenloses Mitglied und im Rahmen einer Premium-Mitgliedschaft. Die Basisfunktion bot in der Regel die meisten Dinge, die ein User benötigte. Lediglich tiefe Analysen wie etwas die der Herzfrequenz-Daten waren (zu Recht) payed features.
Nun kommt es allerdings zu drastischen Änderungen – Strava will das Herzstück ihres social Networks vergolden und geht dabei einen brandgefährlichen Weg. Man will die Leaderboards und den Zugang zu den Segmenten ausschließlich für Premium-User einsehbar machen.
Zudem skippt man die Verbindung zu Fremdanbietern (API), die auf der Strava-Plattform ihre virtuellen Rennen austragen wollten und torpediert damit die Planungen und die eingesetzte Arbeit vieler Veranstalter.
Geiz ist geil-Mentalität vs. Empathie
Natürlich muss nicht alles, was im Internet angeboten wird, kostenlos sein und auch Strava, die eine technisch gute und mit Sicherheit nicht kostengünstig zu betreibende Plattform auf die Beine gestellt hat, möchte am Ende des Monats noch etwas auf dem Teller haben.
Doch die Art und Weise, dies anzukündigen und mit einer solchen Wucht umzusetzen, gerade in Zeiten, die für niemanden wirtschaftlich rosig sind, torpediert das Wesen eines social Networks. Auch wenn wir für Plattformen wie Facebook auf andere Weise, nämlich mit unseren Daten, mehr oder weniger teuer bezahlen – stellt euch vor, Facebook würde von heute auf morgen Geld verlangen, um euren Freunden schreiben zu können.
Soziale Medien leben von der Masse an Mitgliedern. Dies hat Strava auf diesem Segment zum Monopolisten gemacht. Ein solches Monopol bedeutet auch Verantwortung, der man gerecht werden muss. In diesem Punkt hat Strava versagt. Wenn die kritische Masse abwandern sollte, dann kann das für Strava schnell zum Problem werden. Denn da draußen gibt es genügend schlaue Köpfe, die diesen Move für sich ausnützen könnten. Vielleicht ja sogar einer der Global Player im Sportuhren-Segment, die Strava über Jahre mit deren Daten gefüttert haben. Zu wünschen wäre es!