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Interview mit Michael Weiss über die „Corona“ Pause und warum man nicht immer motiviert sein muss…

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Unser Mentaltrainer Wolfgang Seidl von mana4you hat sich mit einem seiner langjährigsten „Klienten“ über die Zeit der Krise für einen Profi unterhalten. Seidl arbeitet mit Michael Weiss seit Jahren im mentalen Bereich zusammen und hat mit ihm bereits manche außergewöhnliche Situation durchlebt. In einem Interview spricht er mit ihm über die aktuelle Krise.

CORONA und plötzlich steht die Triathlon Welt komplett still. Es trifft nicht nur Hobby Triathleten, die sich seit Monaten auf die neue Saison vorbereiten. Auch für die Profis, die damit ihr Geld verdienen, ist die Lage nicht einfach. Vor allem die Ungewissheit wann, und ob es heuer überhaupt noch zu Rennen kommt, versetzt viele in Schockstarre.
Wie einer der erfolgreichsten Langdistanz Triathleten mit der Situation umgeht und welche Tipps er parat hat, erfährt ihr im nachfolgenden Interview.

Wolfgang Seidl: Wir hatten vor ein paar Tagen eine Skype Session und sprachen unter anderem auch über die Herausforderungen dieser Zeit. Erzähl den Lesern bitte mal kurz, wie du diese Situation meisterst.

Michael Weiss: Nach dem ersten Schock inklusive einer fluchtartigen Heimreise aus Mexiko samt Baby hat sich alles einigermaßen beruhigt. Wie bei den meisten waren meine Emotionen eine Mischung aus Angst, Beunruhigung und Enttäuschung. Es brauchte schon ein paar Tage, um den Ernst der Lage zu erkennen und verantwortungsvoll zu handeln. Alles ging so schnell, und es ist erschreckend, in Länder wie Italien zu blicken. In den Tagen vor dem 70.3 Campeche schien alles noch unter Kontrolle zu sein, und in Mexiko selbst merkte man eigentlich kaum was. Ich muss ganz ehrlich zugeben, dass ich nur durch den massiven Druck meiner Eltern noch am Freitag vor dem Wettkampf unsere Flüge (um)buchte, denn ursprünglich wäre ja geplant gewesen, einige Zeit in Cozumel in Vorbereitung auf den 70.3 California und Challenge Cancun zu verbringen. Rückblickend war es natürlich die einzig vernünftige Entscheidung.

Christina und ich haben aufgehört, permanent die Nachrichten zu verfolgen, denn es ändert nichts an der Situation und zieht einen psychisch nur runter. Wir halten uns an alle Vorsichtsmaßnahmen und versuchen zuhause in Gumpoldskirchen das Beste daraus zu machen. Das Positivste für mich persönlich ist, dass ich viel Zeit mit meiner Tochter Lola verbringen kann. Ich kann bei Fortschritten in ihrer Entwicklung, wie Krabbeln und Gehen lernen, viel mehr dabei sein, ganz ohne das umfangreiche Trainingspensum oder Abwesenheit bei Wettkämpfen.

Sportlich lasse ich mich momentan ziemlich gehen und mache mehr oder weniger Pause. Als Profi betreibe ich das Ganze nicht zum Spaß, Triathlon ist mein Beruf. Das soll aber nicht heißen, dass ich diesen nicht mit Freude ausübe, und ich werde umso motivierter wieder ins Renngeschehen eingreifen.

Wolfgang Seidl: Du hast nach unserer Online Session gemeint, gerade jetzt würden viele Sportler mentales Coaching dringend benötigen. Kannst du den Lesern das bitte kurz näher erklären?

Michael Weiss: Absolut. Meiner Meinung verursacht die Corona Krise für Sportler eine noch nie dagewesene Situation. Zuerst kommt die Enttäuschung, dass das Training der letzten Monate „umsonst“ war und die Absage bzw. Verschiebung von angepeilten Triathlons auf unbestimmte Zeit. Dann stellt man sich die Sinnfrage, wofür man eigentlich trainieren soll, ohne sportliche Ziele in Form von Wettkämpfen. 

Die sportpsychologische Aufgabe ist, weiterhin einen mentalen Fahrplan zu haben. Mit der Hilfe eines Mentalcoachs fällt es garantiert leichter zu reflektieren, warum man den Sport eigentlich mit so viel Aufopferung betreibt, um sich weiterhin Ziele setzen zu können.


Wolfgang Seidl:
Welchen Ratschlag kannst du als erfahrener Sportler den Hobby Athleten in dieser Wettkampf freien Zeit mitgeben?

Michael Weiss: Zuerst sei einmal gesagt, dass man nicht immer motiviert sein kann und diszipliniert sein muss. Runter vom Gas ist die Devise, einfach nach Lust und Laune trainieren, mit der nötigen mentalen Flexibilität und Lockerheit, ganz ohne strikten Plan.

Bei geschlossenen Sportstätten und eingeschränkten Außenaktivitäten ist Improvisieren angesagt. Auch das kann jedoch übertrieben werden. Ich nutze die momentane Ausgangssperre als Pause mit nur ganz wenig Training, das rein dem Wohlbefinden dient. Die Zeit, in der man wieder einem Trainingsplan folgen wird, kommt früher oder später. Dann werden wir die Schwimmeinheiten um 6 Uhr in der Früh und die ganz harten oder langen Trainings wieder umso mehr schätzen und genießen.

Wolfgang Seidl: Wir haben unsere Coachings seit Beginn unserer Zusammenarbeit im Jahr 2013 fast nur online gemacht, zumal du die meiste Zeit im Ausland gewohnt hast. Kannst du diese Form des Coachings weiter empfehlen?

Michael Weiss: Ich bevorzuge sogar Mentalcoaching-Sessions online. Am besten natürlich inklusive Video, was heutzutage einfach ist, solange man funktionierendes Internet hat.

Dadurch erspare ich mir den Weg zur Praxis des Therapeuten und kann gemütlich im eigenen Bett oder auf der Couch liegen. Ein persönliches Treffen samt Erstgespräch für die Wahl des Mentalcoachs ist sicher von Vorteil, aber nicht unbedingt notwendig. In Österreich gibt es ohnehin niemanden besseren als Wolfgang Seidl, denn er bringt die richtige Mischung aus sportlicher Eigenerfahrung, spezifischer Ausbildung, aber auch Herzlichkeit mit.

Wolfgang Seidl: Lieber Michi vielen Dank für deine Zeit!  Alles Gute und passt auf Euch auf!

Mehr Infos und Kontaktmöglichkeiten zu Wolfgang Seidl findest du unter www.mana4you.at

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