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Michi Weiss im Exklusiv-Interview

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Michi Weiss ist zurück – Fotos (c) Kevin Koresky, korepix.com

Beim IRONMAN Cozumel steigt Michael Weiss nach seiner zweijährigen Dopingsperre wieder in das Wettkampfgeschehen ein. Wir haben exklusiv ein Interview mit ihm geführt über seine Erwartungen, was er in den letzten zwei Jahren gemacht hat und was er für die Zukunft plant.

Du startest am 1. Dezember beim IRONMAN Cozumel. Exakt 3 Tage nach Ablauf deiner zweijährigen Doping-Sperre. Wie groß ist die Vorfreude, wieder ins Wettkampfgeschehen zurück zu kehren?

Ich freue mich natürlich sehr. So richtig realisieren werde ich es wahrscheinlich erst am Wettkampftag können und beim Überschreiten der Ziellinie. Die letzten zwei Jahre waren ein Geduldspiel, und ich habe fuer mein Comeback in den Triathlonsport sehr hart gearbeitet.

Kurz nach deinem Sieg bei den XTerra-Weltmeisterschaften in Maui im Jahr 2011 erhieltst du das Urteil des NADA-Schiedsgerichts, welches lautete: 2 Jahre Sperre. Was ging dir damals durch den Kopf?

Vorab: Mein XTERRA Weltmeistertitel hatte mit dem Urteil nichts zu tun. Kurz vor dem Aussprechen der Sperre machte ich ja noch Ironman Arizona, wo ich nach einer langen Saison als 8. wertvolle Kona Punkte sammeln konnte. Ich wusste über die Sitzung der unabhängigen Schiedskommission am 28.November 2011 Bescheid, war aber samt meinem Anwaltsteams bis zum Schluss überzeugt, dass der Freispruch der Rechtskommission vom September 2010 halten würde, da sich im Grunde von Anfang an im Sachverhalt nichts geändert hatte.

Du hast dich entschieden, das Urteil nicht weiter anzufechten und hast die Sperre akzeptiert. War ein Karriereende für dich jemals ein Thema oder wusstest du immer, dass du weiter machen würdest?

Vom ersten Tag an war ich entschlossen weiter zu machen und kündigte sofort an, dass ich als Triathlon-Profi zurückkommen werde. Deswegen war ein Karriereende für mich nie ein Thema, selbst nicht im ersten Schockzustand. Ganz ehrlich: So hart es war, die Situation zu akzeptieren, aber nach mehr als 10 Jahren als Profi Sportler tat eine „Auszeit“ eigentlich ganz gut- physisch und psychisch.

Wie hast du es geschafft, die Motivation für das tägliche Training hoch zu halten, wenn du weißt, dass du lange Zeit an keinen Wettkämpfen teilnehmen würdest?

Ich habe keinen Tag aufgehört zu trainieren und auch nicht die Einstellung als Profi-Sportler und den Glauben verloren, wieder zurückzukommen. Das Trainieren ohne Aussicht auf einen baldigen Wettkampf war manchmal sehr hart.

Wie haben deine Sponsoren auf die Sperre reagiert und wie konntest du diese beiden Jahre finanziell überstehen?

Natürlich mussten sich fast alle Sponsoren offiziell von mir distanzieren. Größter Dank geht dabei an Uli Schoberer, den Besitzer der Firma SRM, welcher als Freund immer zu mir stand und mich weiterhin voll unterstützt hat. Finanziell waren es schwierige Zeiten, vor allem weil a) mir das Verfahren und dessen Anwaltskosten viel Geld kostete, b) ich sozusagen meinen Job verlor, und c) ich in meine berufliche Zukunft nach dem Leistungssport investierte, und die Ausbildung zum Neuro Muscular Massage Therapist über das ganze Jahr 2012 absolvierte, samt erfolgreichem Abschluss.

Vor allem aber haben meine Frau und meine Familie in dieser Zeit stets an mich geglaubt und mir psychisch und finanziell geholfen, diese schwierige Phase zu überbrücken.

Du bist ja auf eigenes Vorantreiben im WTC-Testpool geblieben und berichtest in den Social Media-Kanälen auch regelmäßig über deine Out of Competition Kontrollen. Hast du das Gefühl, dass du häufig genug getestet wurdest?

Das ist korrekt.  Meiner Meinung nach kann man als Profi nicht oft genug getestet werden. Alle Blut und Urin Kontrollen der letzten Jahre wurden von der WTC angeordnet und somit auch finanziert. USADA in Amerika, PWC in Europa. Dass ich von der NADA Austria kontrolliert wurde, ist schon länger her.

Wie hast du dein Training während der Vorbereitung auf Cozumel gestaltet? Hast du neue Reize gesetzt, bist du neue Wege gegangen oder hast du auf dein bisheriges System vertraut?

Mario Huys ist weiterhin und blieb ohne Unterbrechung mein Head Coach. Er ist der Fels in der Brandung, und zeigt mir seit September 2008 den Weg. In einer Athleten-Coach Beziehung sind die wichtigsten Momente für direkte Kommunikation die extremen Tiefen, aber auch ueberschwänglichen Hoehen. Alles dazwischen kann ich fast selbst, dank meiner Erfahrung ueber 15 Jahre.

Trotzdem holte ich mir über die vergangenen zwei Jahre neue Inputs vor allem vom britischen Sportwissenschaftler Garth Fox, welchen ich über SRM kennen lernte, und von meinem neuen Schwimmtrainer Joe Novak. Außerdem arbeite ich seit Sommer diesen Jahres mit dem Mentaltrainer Wolfgang Seidl zusammen, was ein wichtiger Schritt für mich war.

Du übersiedelst mit deiner Frau Rachel in diesem Jahr von der Höhe in Colorado nach Maine. Warum kam dieser Schritt?

Rachel und ich werden noch rechtzeitig vor Weihnachten nach Kennebunkport im US Bundesstaat Maine uebersiedeln. Fuer die 3300km im U-Haul LKW planen wir drei Tage ein, solange uns kein Schneesturm einen Strich durch die Rechnung macht. Hauptgrund ist, näher bei beiden Familien zu sein: Rachels Eltern haben dort ihr Zuhause, und nach Europa ist es von Boston auch viel kürzer als von Colorado. Maine ist neben Österreich meine zweite Heimat, es ist wunderschoen dort, direkt an der Küste Neu-Englands. Außerdem gibt es dort die besten Lobster (Hummer), welche ich auch auf meiner neuen Triathlonhose in Rot/Weiss/Rot oben habe.

Dein Lebensmittelpunkt ist mittlerweile seit Jahren in Amerika, trotzdem giltst du als sehr heimatverbunden. Hast du auch aus diesem Grund weiterhin deine Lizenz in Österreich?

Mir geht meine Heimat Oesterreich, im speziellen Gumpoldskirchen, sehr ab. Meine Frau Rachel und ich haben vor, ab nächstem Jahr mehr Zeit in Österreich zu verbringen. Das Trainingsumfeld rund um Gumpoldskirchen samt dem Olympiastuetzpunkt Südstadt inklusive 50m Becken, der Wienerwald und die Weinberge der Thermenregion sind einzigartig und perfekt. Dann noch der gute Wein und die urigen Heurigen…Ich bin eine wahre Reblaus! Zum Glück hat Rachel dank einer neuen Position bei SRM (global sponsorship Anm.) die Möglichkeit, einen Großteil von Zuhause aus via Computer zu arbeiten, aber auch vom italienschen SRM Stützpunkt in Lucca (Toskana) bzw. wird sie so wie die letzten beiden Jahre bei den großen Straßenrennen wie Tour de France dabei sein. Ich habe meine Profi Lizenz weiterhin ueber den ÖTRV, und starte ab sofort für die TriRunners Baden. Der Kontakt und die Kommunikation wurde vor allem zu Genrealsekretaer Herwig Grabner ohne längere Unterbrechung konstruktiv aufrecht erhalten. Mit den TriRunners Baden fand ich im Nachbarort Gumpoldskirchens einen tollen niederösterreichischen Verein, wo motivierte Personen wie Harald Swoboda, Jürgen Szobek, und Andi Perer hinter mir stehen.

Welche Erwartungen hast du an dein Comeback-Rennen und was sind deine Ziele für die nächste Saison?

Gesund wieder am Start sein zu können, ist schon ein Sieg für mich. Jeder, der mich kennt, weiß jedoch, dass ich gewinnen möchte. Hauptziel ist zu finishen, denn ich betrachte Ironman Cozumel als ersten Schritt Richtung Kona 2014. Sich für die Ironman Weltmeisterschaft auf Hawaii zu qualifizieren, ist nicht mehr so einfach heutzutage…

Gesperrte Sportler bekommen speziell in der Triathlonszene kräftigen Gegenwind zu spüren, wenn sie wieder erfolgreich ins Wettkampfgeschehen zurückkehren. Wie denkst du wird die Szene auf deine Rückkehr reagieren bzw. was willst und kannst du tun, um die Menschen vom sauberen Sportler Michael Weiss zu überzeugen?

Ich bin mir im klaren, dass ich Kritiker haben werde, wahrscheinlich manche für immer. Gegenwind ist mir als Radfahrer auch nichts Neues. Auch Boote segeln gegen den Wind, es kommt nur drauf an, wie man die Segeln richtet. Das Einzige, was ich jedoch tun kann, ist fortsetzen, was ich bisher getan habe: Hart trainieren, im höchsten Anti-Doping Testing Pool bleiben um weiterhin jederzeit kontrolliert werden zu können, und ab jetzt dann wieder in Wettkämpfen Vollgas geben.

Kannst du dein aktuelles Leistungsvermögen schon einschätzen und wie siehst du deine Leistungsfähigkeit im Vergleich zu deinen letzten Wettkämpfen?

Ich habe über die letzten zwei Jahre an meinen Schwächen gearbeitet und versucht meine Stärken noch zu verbessern. Wie ich das im Wettkampf umsetzen werde können, kann man noch nicht sagen. Aus eigener Erfahrung macht sich jedoch harte, kontinuierliche Arbeit meistens bezahlt, vor allem langfristig betrachtet.

In Cozumel triffst du unter anderem auch auf Marino Vanhoenacker, dem einzigen Athleten, der beim IRONMAN Austria 2011 schneller war als du. Glaubst du an eine Fortsetzung des Duells in Mexiko?

Ich freue mich für Marino, dass er nach seiner Verletzung wieder zurück ist, konzentriere mich jedoch nur auf meine persönliche Leistung und mache im Kopf mein eigenes Rennen, welches lautet: Mein Bestes geben. Mit Eneko Llanos, Nils Frommhold und Tyler Butterfield am Start wird auf jeden Fall genug „Widerstand“ vorhanden sein.

Michi, wir danken für das Gespräch!

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