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Alter schützt vor Leistung nicht – Glocknerman und 24 Stunden in Kaindorf

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Lange hat es gedauert bis ich mit mir selbst ins Reine gekommen bin. Nachdem ich mein Glocknerman-Projekt für die Krebshilfe Steiermark auf der Heimfahrt vom Großglockner nach 605 km wegen gesundheitlicher Probleme (ich konnte den Kopf auf Grund von Nackenstarre nicht mehr heben) habe ich diese Scharte beim 24 Stunden Rennen in Kaindorf bei Hartberg endlich ausgemerzt.  Ab 4. Juni stellte ich mich voller Freude und großen Erwartungen dem Abenteuer Glocknerman. Eigentlich hatte ich meine Karriere als Langstreckenradfahrer Ende 2009 zugunsten meiner neu entdeckten Liebe zum Triathlon beendet.

Trotz schlechter Schwimmleistungen (mit 57 Jahren schwimmen gelernt) konnte ich meine erste Langdistanz in Podersdorf in 11 h 54 min finishen. Das Jahr 2013 war ein Besonderes: 24 Stunden Heimtrainer im Citypark Graz zugunsten der Krebshilfe Steiermark Doppel-Ironman (7,6 km schwimmen, 360 km Rad, 84,4 km laufen) in Neulengbach in knapp unter 30 Stunden. Damit hätte das Jahrespensum erledigt sein sollen. Doch ich war wieder einmal „gescheiter“.

In nicht gerade austrainiertem Zustand stellte ich mich bei der Langdistanz an den Start (nur so zum Spaß, dachte ich mir). Als nach dem Schwimmen und Radfahren erst knapp 7 Stunden vergangen waren kam plötzlich der Ehrgeiz: Es könnte für eine Zeit unter 11 Stunden reichen. Fazit: Viel zu schnell losgelaufen, nach 3 km arge Schmerzen in der rechten Hüfte – 39 km mehr gegangen als gelaufen. Endzeit 12 Stunden 13 Minuten.

Doch der Dummheit nicht genug – trotz Hüftschmerzen und auch Rückenproblemen stellte ich mich im Oktober noch zum Graz Marathon (sind ja eh nur 42 km) für eine Benefizaktion an den Start. Ich startete als letzter Läufer und für jeden überholten Teilnehmer wurde ein Betrag gespendet. Das ganze ging bis km 12 recht gut danach habe ich nur noch gelitten. Unter großen Schmerzen, abwechselnd Geh- und Laufversuche konnte ich dann noch mit 3 Stunden 57 min. finishen.

Das schlimme Ende kam danach, meine linke Achillessehne machte große Probleme. 2014 konnte ich gerade einmal einen Sprinttriathlon absolvieren. Bei 2 weiteren Bewerben startete ich in der Staffel. Bei einer Trainingsfahrt nach Klagenfurt kam auf der Auffahrt zur Pack das bittere Ende. Einen Brenner in der Ferse – aus!! An ein weiterfahren war nicht zu denken. Bittere Diagnose: Achillessehne am Fersenbein ausgerissen. Im Sommer 2014 musste ich 9 ½ Wochen mit einem Klotz am Bein herumrennen. Danach musste ich wieder neu Gehen lernen.

Um nichts zu riskieren beschloss ich das Laufen für einige Zeit bleiben zu lassen und 2015 nur Rad zu fahren. Um gleichzeitig etwas Gutes zu tun beschloss ich mich mit meinen Aktionen als Botschafter für Krebsvorsorge durch Bewegung der Krebshilfe Steiermark aufzutreten. Soviel zur Vorgeschichte.

Am Start des Glocknerman

Am Start des Glocknerman

12 Starter nahmen die Herausforderung „Glocknerman“ über die Classic Strecke in Angriff. Mit meinen nunmehr 63 Lenzen am Buckel war ich wieder einmal der Älteste. Um 16 Uhr wurde im Shopping Center West in Graz im Minutentakt gestartet. Heuer war erstmals (Gott sei Dank) Windschattenverbot. Ich kam ganz gut ins Rollen, bei der 1. Zeitkontrolle nach 36 km hatte ich trotz einiger Hügel einen Schnitt von über 31 km/h. Kurze Zeit später wurde mir ein Bahngleis zum Verhängnis, Hinterraddefekt und das Betreuerauto weit voraus. Telefonanruf, fluchen, warten, Hinterradwechseln und weiter. Na Bravo – In Eibiswald die ersten Anzeichen von Krämpfen in der rechten Wade (am Vortag hatte es einen Prolog in Form eines Zeitfahrens auf den Grazer Schlossberg gegeben – das hätte ich besser bleiben lassen sollen). Was solls: Einige Male mit der Faust in die Wade geboxt, dazu eine Salztablette geschluckt, das Tempo etwas reduziert, zum Glück war der Zauber bald vorbei. Bei der Auffahrt zur Soboth kamen noch einige kleinere Zwicker in den Oberschenkeln, dank der super Produkte von Natural Power und der hervorragenden Arbeit meiner Betreuer blieben das die einzigen Krämpfe während des ganzen Rennens. Die Soboth habe ich trotz der langen Auffahrt recht gut überstanden, die rasende Abfahrt auf der Kärntner Seite auch. Am Tag war es richtig heiß gewesen, zum Glück kühlte es in der Nacht etwas ab. Die nächsten km haben mir so richtig getaugt, ich konnte die ganze Nacht, ohne etwas über zu ziehen mit kurzer Hose und kurzem Trikot durchfahren. Völlig überrascht war ich als ich plötzlich schon am nächsten Berg war (Abtei). Die Strecke ging durch ganz Kärnten über Villach und Spittal an der Drau nach Winklern. Auf diesem Abschnitt bin ich möglicherweise etwas zu schnell gefahren, ich konnte einige Fahrer überholen. In der Finsternis sieht man leider oft nicht mit welch großen Gängen man die Steigungen hochfährt. Um 4.11 Uhr (geplant war 5 Uhr) kam ich in Winklern an. Sogleich nahm ich den Iselsberg in Angriff (ging recht locker) und am frühen Morgen den Gailbergsattel (einer der liebsten Berge die ich je gefahren bin). Als nächstes kam das Lesachtal, das ich bisher nicht kannte. Anstieg, kurze Abfahrt, Kurve, nächster Anstieg – und das immer wieder. Es war sehr zäh, trotzdem fühlte ich mich noch recht gut. Um 9.02 erreichte ich den höchsten Punkt dieses Abschnitts – Kartischer Sattel. Ab dort ging es elendslang bergab bis Lienz. Mittlerweile hatte es 33 Grad, der Verkehr durch Lienz war sehr zäh, ich musste immer wieder an Kreuzungen stehen bleiben. Am Ortsende von Lienz stieg ich erstmals kurz vom Rad (die Fußsohlen brannten wie Feuer) um mir die Füße einpudern lassen. Die Auffahrt von Lienz zum Iselsberg ist wesentlich länger und härter als die andere Seite, die brütende Hitze tat das Übrige. Bei der 2. Ankunft in Winklern um 11.41 Uhr wollte ich mein geplantes 20 minütiges Mittagsschläfchen halten. Geschlafen habe ich aber maximal 5 Minuten. Nun ging es Richtung Großglockner. In Heiligenblut musste ich mich auf Grund großer Müdigkeit in einen Gastgarten setzen und abrasten. Die Auffahrt wurde zum Fiasko, die große Krise war über mich hereingebrochen. Auf Grund eines Problems mit meinem Radschuh musste ich erstmals in meinem Leben ein intaktes Rad schieben – ca. 200 Meter zum Betreuerbus um die Schuhe zu wechseln. Nur Dank gutem Zureden meiner Betreuer kam ich um 17.23 Uhr am Hochtor an, um 18.14 Uhr stand ich nach schier unglaubliche Kampf auf der Edelweißspitze. Hier wurde ich meinem Vorhaben mich nur flüssig zu ernähren untreu – 2 Schinken-Käse Toast mussten daran glauben.

Auf der Abfahrt erwischte mich ein Schüttelfrost, ich musste stehenbleiben und eine zweite dicke Jacke überziehen. Geplant war nach der Abfahrt in Winklern nicht anzuhalten sondern gleich weiterzufahren und später noch eine Schlafpause einzulegen. Allerdings bekam ich kurz vor Winklern bereits leichte Halluzinationen. Immer wieder bildete ich mir ein meine Betreuer würden mit den Rädern hinter mir herfahren und ich dürfte nicht bremsen damit die Hinteren nicht auffahren und stürzen. Daher zogen wir die einstündige Schlafpause vor. Nach 58 Minuten erwachte ich von selbst. Ich fühlte mich recht gut und voll neuer Energie. Auf den ersten km Richtung Spittal sah ich erst wie viele Hügel ich bei der Hinfahrt im flotten Tempo absolviert habe. Manchmal sah ich auch Leute über die Straße gehen wo gar keine waren. Die Füße fühlten sich nicht schlecht an, allerdings merkte ich dass mir der Kopf immer wieder nach unten fiel. Jetzt musste ich auch einige Male anhalten, irgendwann ging es dann nicht mehr. Ich beschloss nochmals 45 Minuten zu schlafen. Als ich auch nach dieser Pause den Kopf nicht mehr hoch bekam beschlossen wir das Unternehmen mitten in der Nacht, irgendwo in Kärnten, aus Sicherheitsgründen abzubrechen. Eine Entscheidung die mir sicher nicht leicht gefallen ist. Ich brauchte wirklich lange Zeit um zu realisieren dass dies die einzig richtige war.

Zu diesem Zeitpunkt lag ich an 4. Stelle. Von den 12 gestarteten erreichten übrigens nur 5 das Ziel, davon einer nach der Karenzzeit.

Ursprünglich wollte ich die nicht gefahrenen ca 250 km heuer noch irgendwann nachfahren. Zum Glück kam mir eine bessere Idee. Jährlich findet in Kaindorf bei Hartberg das 24 Stunden Biken für den Klimaschutz statt. Ich war schon oft als Zuseher dort, für den Start hat es aus Termingründen nie gepasst. Dies sollte mein Ersatz für die verpassten km werden, wieder für die Krebshilfe Steiermark.

Start war am Freitag, 24. Juli um 18 Uhr bei drückender Hitze. Insgesamt ca. 80 Einzelfahrer und zahlreiche Staffeln nahmen die 17,9 km lange, mit 2 Hügeln gespickte (185 hm pro Runde) in Angriff. In der 1. Runde versuchte ich in den Flachpassagen noch möglichst das Tempo der Spitzenleute mitzugehen, danach pendelte ich mich auf mein eigenes Tempo ein.

In der Nacht kam einmal Sturm und Regen (Zum Glück kein Gewitter) auf. Die recht steile Abfahrt bei glitschiger Straße kam mir doch recht gefährlich vor, daher nahm ich immer Tempo heraus. Nichts desto Trotz rasten einige Fahrer hinunter als gäbe es kein Morgen.

Zum Glück ist nichts passiert. Es war auch in der Nacht sehr schwül. Ich benötigte fast auf jeder Runde eine Flasche, was meine Betreuer durchgehend auf Trab hielt. Die schönsten Momente bei 24 Stunden Rennen sind immer die wenn es morgens zu dämmern beginnt und man die Straße wieder ohne Licht sehen kann. So war es auch diesmal. Mein selbstgesetztes Ziel war auf dieser selektiven Strecke mindestens 500 km zu fahren. Im Laufe des Tages begannen meine Fußsohlen beinahe unerträglich zu brennen (blöderweise hatte ich nach dem Regen wohl das Trikot aber nicht Socken und Schuhe gewechselt), dies war im Prinzip aber mein einziges Problem. Die Steigungen kamen mir zwar von Runde zu Runde steiler vor, ich wusste aber dass ich meine vorgenommene Kilometerzahl sicher erreichen kann. Nach einer Umzieh- und Toilettenpause setzte ich mich wieder aufs Rad und spulte monoton meine, nicht unbedingt schnellen, Runden ab. Auf meiner letzten gefahrenen Runde erwischte mich nochmals starker Regen und leichter Hagel. Nach etwas mehr als 22 Stunden wurde das Rennen vom Veranstalter wegen Gewitters abgebrochen. Ich hatte 30 Runden – 537 km mit ca. 5500 Höhenmetern absolviert und in der Klasse der über 50jährigen von 18 Startern den hervorragenden 4. Platz erreicht.

P.S. Ernährung – diesmal habe ich mich schon den ganzen Freitag bis zum Start und während des gesamten Rennens ausschließlich flüssig ernährt. Danke an Natural Power.

Mein Dank gilt allen Firmen und Personen die meine Aktivitäten unterstützt haben. Den Veranstaltern von Glocknerman und 24 Stunden Biken in Kaindorf. Birgit Jungwirth und Christian Scherer von der Krebshilfe Steiermark, sowie Josef Pfleger für die Organisation. Meinen Betreuern beim Glocknerman – Engelbert Bloder, Peter Gollob, Peter Haidenbauer und Andreas Wünscher sowie beim 24 Stunden Biken- meinem Sohn Andreas Wünscher und meiner lieben Gattin Heidi Wünscher

Ebenso allen die mich immer wieder anfeuern und die meime Projekte unterstützen.

[author title=“Über den Autor“ image=“https://scontent-vie1-1.xx.fbcdn.net/hphotos-xaf1/v/t1.0-9/419357_403588742988934_129468411_n.jpg?oh=fb2c28965177b7767dc1ee6e43b132ea&oe=563A4B17″]Johann „Hans“ Wünscher beweist, dass das Älterwerden kein Grund ist, sportlichen Höchstleistungen abzuschwören. Im Gegenteil – man hat das Gefühl, je älter er wird, desto stärker wird er. Seit mehr als 5 Jahren begleiten wir nun schon seine Aktivitäten und freuen uns immer wieder, von seinen Abenteuern zu lesen.[/author]

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