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IRONMAN und WANDA – sieht denn niemand die Chance?

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Triathlon ist gerade in aller Munde – spätestens, seit Jan Frodeno mit seinem Hawaii-Triumph das historische Double von Olympia- und Hawaii-Sieg perfekt gemacht hat, tourt der Dominator der Saison 2015 von einem roten Teppich zum anderen und holt sich, verdientermaßen, Trophäe um Trophäe. Dass unser Sport zum gefühlt ersten Mal in dieser Form von außen wahr genommen wird, ist ein angenehmer Nebeneffekt und die Szene kann sich glücklich schätzen, mit Frodeno einen Botschafter zu haben, der auch außerhalb der Triathlonszene einen Wiedererkennungswert genießt. Doch auch abseits der sportlichen Höchstleistungen macht der Triathlon und dessen großes Aushängeschild IRONMAN von sich zu sprechen.

Als 2008 das amerikanische Private-Equity-Unternehmen Providence die WTC (Inhaber der Marke IRONMAN) für rund 85 Millionen Dollar erwarb, steckte der Sport vermarktungstechnisch noch in den Kinderschuhen. Was danach folgte, war ein Wachstumsschub, der seinesgleichen sucht. Inmitten einer globalen Wirtschaftskrise gelang es, den Wert des Unternehmens in ungeahnte Höhen zu bringen. Die WTC hat in diesen Jahren aus wirtschaftlicher Sicht vieles richtig gemacht. Strategische Firmenkäufe bzw. Firmenübernahmen, die Eingliederung früherer Lizenzrennen unter Eigenregie, die Vereinheitlichung von Standards in der Organisation sowie eine geschickte und kontinuierliche Ausweitung des Rennkalenders.

Auch in punkto Vermarktung versuchte man neue Wege zu gehen. Stefan Petschnig, damaliger IRONMAN-CEO für Europa, fädelte im Jahr 2012 einen spektakulären Deal mit dem Sportvermarkter und Broadcaster Infront ein, welche eine Zahl an qualitativ hochwertigen TV-Shows von Rennen rund um Europa produzierte. Im Jahr 2012 lief Triathlon in Europas Fernsehsendern rauf und runter.

Doch im darauf folgenden Jahr sollte sich einiges ändern. Die WTC stellte sich in Europa neu auf und mit Thomas Dieckhoff übernahm ein neuer Mann das Steuer. Der Wiesbadener ist selbst begeisterter Hobbytriathlet und konnte vor seiner Tätigkeit seine Managementfähigkeiten unter anderem bei Procter und Gamble unter Beweis stellen. Unter ihm wurde der Wachstumskurs der Marke IRONMAN ungehindert fortgesetzt, auch wenn die Vorzeichen dafür alles andere als ideal waren.

Die Shareholder gönnten sich nämlich eine satte Vorauszahlung von rund 200 Millionen Dollar auf erwartete Gewinne, was die WTC zur Aufnahme eines teuren Kredits zwang, um die Geschäfte fortzuführen. Daraus resultierte ein notwendiger Sparkurs, der sich in einigen Bereichen bemerkbar machte. Ob dies der Grund für das vorläufige Ende der Produktionen von Infront war, entzieht sich unserer Kenntnis, klingt aber durchaus plausibel.

Während in den letzten Jahren der Expansionskurs trotz Sparmaßnahmen ungehindert und auch erfolgreich weiterging, waren aber gerade im Hinblick auf die Vermarktung des Sports und der Marke Lücken zu sehen. Auch wenn man bei einzelnen Rennen durch neue Partnerschaften und den Einsatz neuer Technologien sogar längeren Live-Übertragungen (Frankfurt, Klagenfurt) umsetzen konnte, war abgesehen davon in Europa wenig zu sehen.

Ob es das Hauptaugenmerk eines Private Equity Fonds ist, nachhaltig die Bekanntheit eines Sports zu fördern, konnte ohnehin schon im Vorfeld in Zweifel gestellt werden. Vielmehr konzentrierte man sich auf den Wachstum des Wertes des Unternehmens „IRONMAN“. Das gelang, ohne Zweifel.

Als im Spätsommer dieses Jahres dann der Verkauf der WTC an die chinesische Wanda-Group für 650 Millionen Dollar bekannt gegeben wurde, wusste man endgültig – IRONMAN ist seinen Kinderschuhen entwachsen und spielt jetzt im großen Geschäft des Sportbusiness mit.

Ende November gab die Wanda-Group die Gründung des neuen Tochterunternehmens Wanda Sports bekannt, welche die WTC zusammen mit dem Sportvermarkter Infront, der sich mittlerweile ebenfalls im Besitz der Wanda-Gruppe befindet, unter einem Dach verbindet. Geschäftsführer von Wanda Sports wird Philippe Blatter, seines Zeichens Neffe des suspendierten Noch-FIFA-Boss Joseph Blatter.

Genau diese Personalie schlug zuletzt medial hohe Wellen. Mit dem Namen Blatter lassen sich im Moment recht einfach Schlagzeilen machen. Meist sind es negative. Negative Dinge verkaufen sich ohnehin einfacher, vor allem von Medien, die von Triathlon nur dann berichten, wenn sie irgendwelche Skandalgeschichten wittern.

Nun ja, möglicherweise verstehen diese Medien auch einiges mehr von der großen Welt der Sportpolitik als wir, wir wissen aber mit Sicherheit mehr von der Sportart Triathlon. Aus diesem Grund wollen wir uns auch nicht mit Spekulationen zu einzelnen Personen beschäftigen, sondern wollen versuchen, einen Blick in die Zukunft zu werfen.

Wer diesen Schritt in die Zukunft an vorderster europäischer Front führen wird, ist indes noch nicht geklärt, Fakt ist, Thomas Dieckhoff wird es nicht mehr sein. Der 58-jährige verlässt das Unternehmen mit 31. Dezember 2015, ein Nachfolger ist noch nicht bekannt gegeben. Dieckhoff war in seiner Zeit bei IRONMAN sehr erfolgreich mit dem Wachstum und dem Ausbau der Marke, auch unter schwierigen Umständen. Nun übernimmt eine neue Kraft das Ruder – mit anderen Vorzeichen?

Eines ist Fakt – auch Wanda will die Marke IRONMAN weiter wachsen sehen – aus kaufmännischer Sicht das einzig erstrebenswerte. Dennoch kommt es darauf an, wie man Wachstum versteht. Will man in kürzester Zeit noch mehr Geld machen, den Wert des Unternehmens in die Höhe treiben, um es in weiterer Folge gewinnbringend weiter zu verkaufen? Das ist eine Möglichkeit, dennoch glauben wir, optimistisch wie wir sind, an die zweite. Ein Wachstum in neue Märkte, gerade im brach liegenden Bereich Fern-Ost, kann den Wert des Unternehmens vergrößern, ohne von anderen etwas weg zu nehmen.

Unter einem gemeinsamen Dach mit einem Profi-Vermarkter wie Infront kann die Marke und damit auch unser gesamter Sport global deutlich mehr Menschen erreichen, was sich nicht nur auf die Bekanntheit unseres Sports auswirken wird, sondern auch die Sponsoren anlocken kann. Und Geld, das man über Sponsoren reinholt, muss man sich nicht von den Sportlern holen, denn deren Schmerzgrenze scheint diesbezüglich langsam, aber sicher, erreicht zu sein.

Die Voraussetzungen für eine positive Entwicklung unseres Sports sind auf jeden Fall gegeben. Doch die WTC hat auch einige Hausaufgaben zu machen. Um den Sport sinnvoll zu vermarkten, muss sich der Stellenwert der Profis in unserem Sport zum Positiven verändern. Denn, auch wenn die meisten unserer Leser begeisterte Amateur- und Hobbysportler sind, im Fahrwasser des Profisports wächst bei den meisten die Begeisterung für unseren Sport. Hier gibt es in Zukunft wichtigen Nachholbedarf, denn nur so lassen sich Wachstum und Vermarktung sinnvoll miteinander verbinden.

[author title=“Über den Autor“ image=“https://scontent-vie1-1.xx.fbcdn.net/hphotos-xft1/t31.0-8/12238168_10205172197857147_5706664897627472014_o.jpg“]Andreas Wünscher ist Herausgeber und Chefredakteur des Magazins triaguide sowie begeisterter Amateur-Triathlet. [/author]

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